Wir wollen nicht lügen: Soziale Innovationen bauen ist nicht das einfachste Unterfangen, dem Du Dich widmen kannst. Aber es ist eine sehr sinnhafte Tätigkeit, in der Du Deine Arbeit mit Deinen Überzeugungen verbinden kannst. Soziale Innovationen umzusetzen lernt Dir mehr über die Welt und über Dich selbst als es nur wenige andere Aufgaben tun können.
Wir haben Dir unten einen kleinen Guide zusammengestellt, wie Du Soziale Innovationen in der Entstehung unterstützen kannst. Die unten stehenden Punkten müssen nicht in der angegebenen Reihenfolge befolgt werden.
Was berührt Dich?
Dein Start in die Welt der Sozialen Innovationen beginnt wahrscheinlich wie der von vielen anderen Sozialinnovator*innen – mit einer Frage: Wieso ist es in der Gesellschaft eigentlich so unfair?
Es ist ein nagendes Gefühl des Unzufriedenseins mit den Dingen, wie sie momentan sind. Vielleicht fühlst Du Dich einer Gruppe Menschen, die von der Gesellschaft benachteiligt werden, besonders nahe. Oder Du findest es unaushaltbar, wie wir mit unserer Natur umgehen. Oder Du wirst selbst immer wieder unterdrückt und möchtest aus Deiner unfairen Situation ausbrechen. Oder Du kannst etwas besonders gut, was anderen stark helfen könnte. Motivationen für den ersten Schritt in die Welt Sozialer Innovationen gibt es viele – doch noch nur wenige Menschen, die den Mut aufbringen, die nächste wichtige Frage zu stellen: Kann man das denn nicht ändern?
Nicht viele stellen sich ernsthaft dieser Frage, denn sie bedarf einiges an Mut. Sie setzt voraus, dass Du Dich Deines potentiellen Einflusses in der Gesellschaft bewusst bist und ihn Dir eingestehst. Wir wissen selbst, wie schwer es sein kann, aus der eigenen angelernten Trägheit herauszukommen und sich nicht in Passivität – oder gar Verzweiflung – zu verlieren. Die Demut über die Begrenztheit des eigenen Wissens und der eigenen Ansichten mitzubringen ist sehr hilfreich (oder „erdend“), aber im Nichtstun solltest Du Dich dabei auch nicht zergehen.
Diese Frage verlangt auch von Dir, dass Du bereit bist, diesen Einfluss wagemütig für eine gerechtere Gemeinschaft einzusetzen. Das bedeutet, dass Du Deine wertvolle Zeit und Energie einem Thema widmest. Nicht alle sind dafür bereit. Und das ist auch verständlich: Neben den alltäglichen Themen wie Familie, Hausarbeit, Erwerbsarbeit und Selbstpflege noch die großen Fragen der Gesellschaft einzufügen fällt nicht immer ganz leicht.
Bei Deinen Überlegungen kann Effectuation helfen (dass wir hier von der Startup-Welt in das Umfeld der Sozialen Innovationen umgemünzt haben). Hierbei handelt es sich um einen Denkansatz, der Dich ins Handeln bringen soll. Folgende Fragen stellst Du Dir dafür:
- Beginne mit Deinen verfügbaren Mitteln: Warte nicht auf die perfekte Gelegenheit! Beginne mit dem, was Du zur Verfügung hast: Wer bist Du, was weißt Du und wen kennst Du?
- Lege für Dich einen verkraftbaren Verlust fest: Bewerte Gelegenheiten danach, ob Du die Nachteile akzeptieren kannst, und nicht danach, wie attraktiv die prognostizierten Vorteile sind!
- Nutze Unvorhergesehenes: Lass Dich auf Überraschungen ein, die sich aus ungewissen Situationen ergeben, und bleib flexibel, anstatt Dich an bestehende Ziele zu klammern!
- Gehe Partnerschaften ein: Bilde Partnerschaften mit Menschen und Organisationen, die bereit sind, ein echtes Engagement einzugehen, um gemeinsam mit Dir die Zukunft zu gestalten – eine politische Bewegung, ein Sozialunternehmen, ein Projekt! Kümmere Dich nicht so sehr um Wettbewerbsanalysen und strategische Planung!
- Gehe mit dem Unkontrollierbaren um: Natürlich kann nicht alles kontrolliert werden, aber Effectuation ermutigt Dich, Dich als Pilot Deines Vorhabens an das Steuerrad zu setzen. Konzentriere Dich auf die Aspekte Deines Umfelds, die Du zumindest bis zu einem gewissen Grad unter Kontrolle haben kannst!
Insofern Du diesen Wagemut in Dir spürst und Du Dir überlegst, wie das gesellschaftliche Zusammenleben besser gestaltet werden kann, ist der wichtigste Schritt schon getan. In den nächsten Schritten geht es ins Eingemacht.
Verstehe das Problem
Soziale Praktiken zu verändern ist Ziel Sozialer Innovationen. Diese liegen eingebettet in Verhaltensweisen, Kultur, gesellschaftliche Systeme, politische Rahmenbedingungen und vieles mehr. Um wirklich zu verstehen, woher die gesellschaftlichen Probleme kommen, die Du ändern möchtest ist es unabdingbar, dass Du verstehst, wie sie zu Stande gekommen sind und wieso sie weiterhin bestehen.
Für Deine Recherche kannst Du verschiedene Schritte gehen:
- Beobachte das Problem vor Ort! Egal ob es sich um Jugendarbeitslosigkeit oder um Plastikmüll in Flüssen handelt – schau Dir die Zusammenhänge vor Ort an. Was fällt Dir auf? Welche gesellschaftlichen Prozesse führen zum Problem? Falls Du nicht selbst Felduntersuchungen machen kannst, kannst Du auf Studien aus der Wissenschaft zurückgreifen, die sich die Zusammenhänge in der Tiefe angesehen haben.
- Spreche mit den Menschen, die von den Problemen in Mitleidenschaft gezogen werden! Nehmen sie es selbst als Problem wahr? Falls ja, auf welche Weise? Was ist für sie besonders problematisch? Wie fühlen sie sich dabei? Welche Lösungen sehen sie selbst?
- Spreche mit Expert*innen, die sich im Themenfeld auskennen. Welche Ursachen sehen sie für die gesellschaftliche Herausforderung? Welche (erfolgreichen oder unerfolgreichen) Lösungsmöglichkeiten kennen sie, die schon probiert wurden?
Deine Recherche gibt Dir wertvolle Einblicke in die Zusammenhänge, die zu dem Problem geführt haben, dass Du lösen möchtest. Einige der Daten und Informationen, die Du eingesammelt hast, können sich auch widersprechen – hier liegt es an Dir, die Aussagen zu interpretieren.
Lösungen ausprobieren
Wie jede Neuerung gehen auch Soziale Innovationen durch unterschiedliche Phasen, bevor sie eine Innovation darstellen. Denn nur was breit von der Gesellschaft angenommen wird, kann auch als Innovation gelten. Darin liegt auch der Punkt, der am häufigsten zum Scheitern führen kann: Die Akzeptanz.
Deine Ideen und Lösungsvorschläge sind nur so hilfreich, wie sie auch von ihren zukünftigen Nutzer*innen für gut empfunden werden. Vielleicht hast Du eine Idee für eine App, aber die Personen, die Du helfen möchtest sind nicht bewandert mit digitaler Technik. Oder Du möchtest Schulungen anbieten, aber Deine Zielgruppe hat gar keine Zeit, diese wahrnehmen zu können. Du hast dadurch etwas entwickelt, was in der Realität nicht funktioniert – auch eine spannende Erkenntnis!
In der Ausprobierphase testest Du verschiedene Lösungen nicht nur auf ihre Effektivität, sondern insbesondere, ob sie von Deiner Zielgruppe angenommen werden. Dabei gilt: Je weniger Du über Deine Lösungen nur sprichst und je mehr Deine Zielgruppe sie ausprobieren können, desto besser. Hier sind ein paar Ideen, welche Arten von Tests Du machen kannst:
- Ein einfaches Papiermodell: Du kannst Deine Zielgruppe dabei beobachten, wie sie mit einem einfachen Papiermodell Deines Lösungsvorschlags arbeiten. Diese Methode eignet sich gut für digitale Angebote oder um Prozesse darzustellen.
- Erstmal klein anfangen: Du möchtest eine ganze Workshopreihe starten oder für ein Thema in der ganzen Bevölkerung sensibilisieren? Dann lad doch erstmal nur eine kleine Gruppe für ein einmaliges Treffen ein. Dabei lernst Du, ob überhaupt Personen teilnehmen und welche ersten Rückmeldungen sie zu Deinem Angebot haben.
Suche Dir Verbündete
Du willst die Gesellschaft verändern? Bei allem Mut wirst Du das wohl nicht allein schaffen. Du brauchst Mitstreiter*innen, die Dich auf dem Weg unterstützen. Dabei kann es um enge Verbündete handeln, mit denen Du tagelang Pläne schmiedest oder um lose Unterstützer*innen, die Dich nur punktuell begleiten. Diese Personen und Organisationen findest Du am besten durch eine Tätigkeit: Netzwerken. Gehe dorthin, wo sich Personen tummeln, die in Deinem Themenfeld aktiv sind. Sind das Events, gewisse Orte oder Internetforen? Stelle Dich ihnen vor und erkunde, mit wem Du Dich gut verstehst.
Vor allem als Gründer*in eines Sozialunternehmens gibt es darüber hinaus ein wachsendes Unterstützungsnetzwerk für Dein Vorhaben in Deutschland. Wir haben Dir einige dieser Unterstützungsorganisationen in einer Liste zusammengestellt. Organisationen, die wir für empfehlen können sind:
- Social Impact gGmbH: Das gemeinnützige Unternehmen war unter den ersten Organisationen in Deutschland, die Sozialinnovator*innen und Social Entrepreneurs in Deutschland unterstützt haben. Ihre Labs an verschiedenen Standorten in Deutschland sind Ausprobierräume, um Deine Idee zu entwickeln.
- Impact Hub Deutschland: Die Impact Hubs sind ein weltweiter Anbieter von Coworkingplätzen. Ihre Mission ist es, die Veränderungstreiber*innen von morgen mit Räumen und Gründungsprogrammen zu unterstützen. Es gibt sie in verschiedenen deutschen Großstädten.
- Greenhouse.ruhr: Das greenhouse.ruhr unterstützt Gründer:innen mit sozialen und ökologischen Geschäftsideen sowie Intrapreneur:innen mit sozial innovativen Projektideen bei ihrer (Weiter-)Entwicklung in Dortmund.
- Grünhof Freiburg: In Freiburg erhältst Du ein kreatives Umfeld für Deine soziale Idee. Im Social Innovation Lab kannst Du Dich Deiner sozialen Idee widmen und erhältst dabei Unterstützung.
- Wirtschaftsförderung Bremen: Die WFB fördert und stärkt Sozialunternehmertum in Bremen und unterstützt bereits bestehende Sozialunternehmen, die noch nicht in Bremen ansässig sind, hier einen neuen Standort aufzubauen.
- Anders Gründen Nürnberg: Das Team hinter Anders Gründen unterstützt Gründer*innen im Großraum Nürnberg, die sich für die Gesellschaft einsetzen und Problemstellungen lösen wollen. Egal ob sozial, ökologisch, kulturell oder einfach fair und zukunftsgewandt.
- Social Innovation Center Hannover: Die Idee hinter dem Social Innovation Centers ist es, unternehmerische Konzepte zu entwickeln, um gesellschaftliche Probleme zu lösen und dabei Innovation und Sozialunternehmertum in der Region Hannover und Niedersachsen zu stärken.
- Werkhaus Inklusion: Hier kannst Du mit anderen aus Erfurt etwas bauen, probieren und gründen, was die Gesellschaft ein Stückchen besser macht.
- Heimathafen Wiesbaden: Hier erhältst Du Zugang zu Events, Räumlichkeiten und Mitstreiter*innen für Dein sozialinnovatives Vorhaben in Wiesbaden.
- Impact Factory: Der Accelerator in Duisburg ist eher etwas für Gründer*innen fortgeschrittener Sozialunternehmen. Aber vielleicht ist das ja genau das, was Du momentan suchst.
- Villa Gründergeist: In Frankfurt steht eines der spannendesten neuen Experimente in Sachen sektorenübergreifende Soziale Innovationen. Die Villa Gründergeist bringt etablierte Wohlfahrt und Soziale Innovationen zusammen.
- S-Hub Mannheim: Der S-Hub unterstützt sozialunternehmerische Gründer*innen mit Räumlichkeiten, Veranstaltungen und Netzwerk in Mannheim.
- Holii: In diesem Impact Incubator aus Hamburg helfen Dir Expert*innen und erfahrene Impact Gründer*innen dabei Deine Idee auszugründen und von Beginn an ganzheitlich nachhaltig aufzusetzen.
- ProjectTogether: ProjectTogether arbeitet kontinuierlich an neuen Themen, um die Gesellschaft nachhaltiger zu gestalten, bei denen Du mitwirken kannst. Schau auf deren Webseite vorbei, um zu sehen, welche Themen sie gerade bearbeiten.
Weitere Angebote findest Du auf der folgenden Karte:
In einer Organisation Änderung anstoßen
Du musst aber nicht gleich Gründer*in werden, um soziale Ideen umzusetzen. Genauso gut ist, innerhalb bestehender Strukturen Soziale Innovationen umzusetzen. Ob Du Verwaltungsmitarbeiter*in, Angestellte*r in einem Unternehmen oder Berater*in bist: Du kannst Dein Umfeld durch Dein Wirken beeinflussen. Als Social Intrapreneur*in aktiv zu sein bedeutet, die Organisation in der man tätig ist auf einen sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Weg zu bringen. So kannst Du beispielsweise Projekte starten, um Menschen aus benachteiligten Gruppen bei Dir in der Organisation zu fördern, mit NGOs zusammenarbeiten, um die Produkte Deines Unternehmens für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen erschwinglich zu machen oder die Lieferketten so umstellen, dass dort besonders viele Sozialunternehmen enthalten sind.